Die kommunale Effizienzrevolution für den Klimaschutz in den deutschen Städten –Voraussetzungen, Transformationspfade und Wirkungen (KomRev) ist ein Forschungsvorhaben des Solarinstitut Jülich der FH Aachen, des Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie sowie dem Deutschen Zentrum für Luft- und raumfahrt.
Im Projekt KomRev werden Zielvisionen und richtungssichere Transformationspfade einer weitreichenden CO2-Emissions-Minderung des kommunalen Energiesystems der Stadt Rheine entwickelt.
Wesentliche Gestaltungselemente sind Einbindung hoher Anteile kommunaler erneuerbarer Energiequellen, Senkung des kommunalen Energiebedarfs, kaskadierende Nutzung gesellschaftlicher Exergieströme sowie Effizienz steigernde Kopplungen der sektoralen Versorgungsebenen.
Nach dem aktuellen Energiekonzept der Bundesregierung liegt das Treibhausgas-Minderungsziel auf Bundesebene bis zum Jahr 2050 bei mindestens 80 Prozent gegenüber 1990. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssen in allen Sektoren ambitionierte Maßnahmen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene umgesetzt werden.
Die grundlegende Veränderung von Verbrauchsstrukturen und Versorgungssystemen auf der kommunalen Versorgungsebene birgt neben der Möglichkeit hoher CO2-Einsparungen gute Chancen für eine deutliche Minderung des Bedarfs an überregionalen Erzeugungskapazitäten sowie ggf. auch an Netz- und Speicherkapazitäten. In dem hier vorgeschlagenen Vorhaben „KomRev“ werden dazu effiziente Energienutzungs- und -Versorgungskonzepte für die kommunale Ebene am Beispiel der Stadt Rheine entwickelt. Diese können einen wichtigen Beitrag zur Begrenzung von Umsetzungsrisiken sowie volkswirtschaftlichen Kosten des nachhaltigen Umbaus der Energieversorgung leisten.
Synergetische Ergänzung mit und Abgrenzung zu anderen Fördermaßnahmen
„KomRev“ und die durch die Stadt Rheine beantragte Förderung nach „Masterplan 100%“ haben das übergeordnete Ziel, wesentliche Beiträge zur umfassenden Treibhausgasminderung von Kommunen zu leisten.
Die Arbeitsfelder des hier beantragten Projekts gehen bei der Entwicklung eines hocheffizienten und emissionsfreien Energieversorgungssystems im Hinblick auf die Ziel- und Pfadentwicklungen deutlich weitergehenden und teilweise zum Masterplan komplementären Fragestellungen nach:
• Entwicklung von zwei optimierten, vernetzten Versorgungssystem-Konzepten auf Grundlage zukünftig zu erwartender Energiebedarfe– losgelöst von Begrenzungen gegenwärtiger Rahmenbedingungen des Versorgungssystems
• Integration des Indikators Exergieeffizienz in die Beurteilung der Zukunftsfähigkeit
• Modellierung und Simulation potenzieller Problembereiche / System-Engpässe als Machbarkeitsüberprüfung und Optimierungsansatz
• Iterative Transformationspfadentwicklung als rückkoppelnder Prozess zwischen Zielvision und Gegenwartssystem (Ex-Ante-Perspektive)
• Entwicklung systematischer Entscheidungsmuster für zukunftsfähige kommunale Energieversorgungskonzepte am Beispiel Rheine
Dagegen setzt die Fördermaßnahme Masterplan vorrangig den gesellschaftlichen Lernprozess in Richtung Nullprozent-Emissionsziel Treibhausgase (THG) in Gang. Der Prozess wird maßgeblich durch den Klimamanager verantwortet und ist in seiner Ausrichtung breit angelegt:
• Institutionalisierung langfristiger Managementprozesse durch die Kommune
• Entwicklung der Qualitätssicherung
• Monitoring der realen Entwicklung in den ersten Jahren
• Regionale Wertschöpfung
• Partizipation der lokalen Bevölkerung und Unternehmen
Die im Zuge von KomRev erarbeiteten Konzepte, Simulationsergebnisse
und Kostenberechnungen fließen im Laufe der Projektbearbeitung in die Masterplan-
Bearbeitung zurück. Sie erweitern die Wissensbasis für die im Masterplan 100% vorgesehene Etablierung der ersten Entwicklungsschritte, die Akteursanalyse sowie die Entwicklung von Finanzierungsplänen und Business-Konzepten.
Warum am Beispiel der Stadt Rheine?
Alle Fragestellungen im Projekt KomRev sollen am Beispiel der Kommune Rheine erarbeitet und beantwortet werden. Im Folgenden wird kurz der Hintergrund der Entscheidung für diese Kommune umrissen. Gesucht wurde zunächst eine Gemeinde, die (um Reisezeit und Kosten zu sparen) möglichst nah bei den hauptverantwortlichen Partnern Solar-Institut Jülich der FH Aachen und dem Wuppertal Institut liegt. Die Kommune sollte nicht zu ländlich geprägt sein und eine mittlere Größe haben, um die detaillierte Konzept- und Transformationspfadent-wicklung zu ermöglichen, wie sie im Projekt KomRev vorgesehen ist.
Gleichzeitig musste in der Gemeinde bereits ein hohes Vorwissen und langfristiges
Engagement im Bereich Senkung der Klimagasemissionen und nachhaltiger Wandel des Energiesystems vorliegen, um eine kompetente Zusammenarbeit sicher zu stellen. Die Datenerfassung in den Themengebieten Energieversorgung und CO2-Emissionen musste in ausreichendem Maße bereits einige Jahre zuvor begonnen worden sein, um die Erarbeitung eines „Business as Usual“ Szenarios zu ermöglichen.
Mit der Stadt Rheine wurde eine Kommune gefunden, die alle gestellten Anforderungen
in hohem Maße erfüllt. Sie liegt wie das Solar-Institut Jülich und das Wuppertal Institut in
Nordrhein-Westfalen und damit in gut erreichbarer Entfernung für die verschiedenen Arbeitstreffen und Workshops. Mit einer Größe von rund 75.000 Einwohnern und einer heterogenen städtischen Struktur mit Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie eignen sich Größe und Struktur gut für die vorgesehene Aufgabenstellung. Zusätzlich weist die Stadt Rheine ein außergewöhnlich hohes Engagement und sehr gute Kompetenzen im Bereich Klimaschutz auf, die nachfolgend dargestellt werden.
Die Stadt Rheine engagiert sich seit 1995 mit ihrem Beitritt zum Klima-Bündnis der Europäischen Städte für den Klimaschutz (erste Klima- und Energietage 1998) und zählt seit 2009 zu einer der fünf, vom Land NRW ausgezeichneten Klimakommunen, die anderen Städten und Gemeinden als vorbildliches Beispiel dienen können.
Im Jahr 2008 wurde vom Rat der Stadt Rheine ein umfangreiches Aktionsprogramm Klimaschutz verabschiedet.
Zu den aktuellen Klimaschutzmaßnahmen zählen u.a. die Fortschreibung des CO2-
Monitorings, die Umsetzung des Förderprogramm Klimakommune NRW, die Übernahme von Leitlinien zur Energieeffizienz in Neubaugebieten, die Fortführung von Fuzzy-Logik Aktivitäten in der Kläranlage, die Fortführung der PV-Installation an öffentlichen Gebäuden oder die Etablierung des Projektes „Klimapartnerstädte“.
Alle Aktivitäten, Maßnahmen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen werden in enger Kooperation mit den Stadtwerken für Rheine, der Stadtverwaltung, der Wirtschaftsförderung
Rheine EWG und der Leitstelle Klimaschutz bei den Technischen Betrieben Rheine durchgeführt (siehe Internetauftritt: www.rheines-klima.de).
Die Stadtwerke engagieren sich stark mit Investitionen für Erneuerbare Energien im Bereich der Photovoltaik und im Bereich der Windkraft. Ein Schwerpunkt der Wirtschaftsförderung EWG liegt in der Förderung des Cluster Wind. Die erfolgreiche Etablierung des Firmennetzwerkes Wind-West und die Einstellung von zwei Clustermanagern
zählen zu den erfolgreichen Aktivitäten in den Jahren 2010 und 2011.
Die Stadt zählt zu den Erstunterzeichnern der europäischen Klimaschutzinitiative „Covenant of Mayors“ im Januar 2009. Die Bürgermeisterin der Stadt Rheine engagiert sich stark auf europäischer Ebene und fördert die klimapolitische Zusammenarbeit mit den Partnerstädten von Rheine. Gemeinsam mit 19 weiteren Städten und dem Rat für nachhaltige Entwicklung, wurden im Oktober 2010 im Rahmen des „Dialogs Nachhaltige Stadt“ strategische Eckpunkte für eine nachhaltige Entwicklung in Kommunen formuliert. Die Bürgermeisterin der Stadt Rheine setzt sich in besonderem Maße für die Umsetzung dieser Ziele und eine nachhaltige Entwicklung auf allen Ebenen und in der ganzen Gesellschaft ein.
Aktuell und im Hinblick auf den Masterplan 100% Klimaschutz beschloss der Rat der Stadt Rheine am 13.12.2011 die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 95% zu senken, sowie die Senkung des Energiebedarfs um 50 %, ebenfalls zum Jahr 2050.
Die Entwicklung einer visionären Gesamtversorgungsstruktur, wie sie das beantragte Forschungsprojekt des Solar-Instituts Jülich vorsieht, deckt sich mit den klimapolitischen Vorgaben der Stadt Rheine und könnte einen wichtigen Beitrag zur Weichenstellung für eine zukunftsfähige kommunale Energieversorgung leisten.
Ergebnisse
Erste Ergebnisse in Form eines Handouts können auf dieser Seite herunter geladen werden. Die Datei umfasst alle Folien der im Juli 2014 vorgestellten Präsentation sowie inhaltliche Ergänzungen der Forscherinnen und Forscher. Die Dateigröße beträgt 28MB. Sollten Sie nicht die Betrachtung im Browser wünschen, so können Sie per Rechtklick auf die Datei und „Ziel speichern unter“ die Datei bei sich ablegen. Sollten Probleme beim Download auftreten kontaktieren Sie uns bitte.
Im Sommer 2016 wurden die Ergebnisse des zweiten Szenarios „Moderat Dezentral“ vorgestellt. Die Ergebnisse erhalten Sie ebenfalls als Download. Die von der Forschungsgruppe bereitgestellten Daten und Ergebnisse werden von der Stadt Rheine ausgewertet und fließen in den Klimaschutzprozess ein.